Grundlagen: Backing Tracks
Backing Tracks gehören zum Bühnenalltag vieler Bands. Was für Backing Tracks spricht, was dagegen und welche technischen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, erfährst du in diesem Artikel.
Warum Backing Tracks?
Warum sollte man überhaupt Backing Tracks, also Teil-Playbacks, zu denen die Band spielt, auf der Bühne einsetzen? Ist das nicht Betrug?
In der Tat kenne ich einige Musiker, die das Spielen zu Backing Tracks ablehnen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Es gibt jedoch auch viele Gründe, die für den Einsatz von Backing Tracks sprechen:
- Backing Tracks ermöglichen es dir, den Song auch mit kleineren Besetzungen so umzusetzen, wie ihn deine Fans von der Studioproduktion her gewohnt sind
- Backing Tracks ermöglichen es dir, fehlende Musiker zu ersetzen, wenn deren Einsatz aus Kosten- oder Platzgründen nicht möglich ist (zum Beispiel von Live-Bläsern, Chören, Orchester usw.)
- Backing Tracks ermöglichen den Einsatz von Sounds und musikalischen Passagen, die live nicht zu spielen sind, weil sie im Studio am Computer entstanden sind oder einfach die Instrumente für die Sounds nicht zur Verfügung stehen
- Backing Tracks sorgen dafür, dass die Show stets gleich klingt
- Backing Tracks bieten alle Voraussetzung, dass das Bühnengeschehen automatisiert werden kann (zum Beispiel Licht, Videoprojektionen, Sound-Wechsel und vieles mehr)
Backing Tracks sind also eine praktische Sache, wenn es darum geht, dem Publikum die perfekte Show mit tollem Sound zu bieten, egal mit welcher Besetzung.
Was spricht dagegen?
Backing Tracks erfordern ein hohes Maß an Konzentration für die Musiker, da synchron zum Playback gespielt werden muss. Die Musiker hören dazu ein Metronom (“Click”), das das Tempo für alle vorgibt. Ein gutes Timing ist deshalb unbedingt erforderlich. Ein Ausbrechen aus der musikalischen Form ist nicht möglich, da der Ablauf in der Regel fest vorgegeben ist (Ausnahmen gibt es: siehe Einsatz von Ableton Live für Backing Tracks). Es besteht zudem die Gefahr, dass der Sound in akustisch ungünstigen Umgebungen zu überfrachtet ist. Sehr aufdringliche Einsatz von Backing Tracks birgt zudem die Gefahr, dass das Publikum den Eindruck bekommt, dass niemand mehr live spielt. Das ist unter allen Umständen zu vermeiden. Nicht jeder Song muss unbedingt mit einem Backing Track gespielt werden. Man gewöhnt sich sehr schnell daran und an die Vorzüge, weshalb hier Vorsicht geboten ist, es nicht zu übertreiben.
Technische Voraussetzungen
Um auf der Bühne mit Backing Tracks zu arbeiten, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Dazu gehört zunächst eine passende Abspielmöglichkeit. Im einfachsten Fall ist das ein Player, auf dem sich eine Setlist programmieren lässt. Das Playback befindet sich dann monofon auf einem Kanal der Stereospur, das Metronomsignal auf dem anderen Kanal. Solche Audio-Dateien werden als Split Tracks bezeichnet. Ein solches Setting ist zwar insgesamt nur monofon, aber sehr einfach einzurichten und noch einfacher zu bedienen.
Möchte man flexibler mit dem Backing Track umgehen und je nach Besetzung einzelne Spuren ein- oder ausschalten, benötigt man einen Player, der Mehrspuraufnahmen abspielen kann. Das kann ein Computer mit einer DAW sein oder ein spezieller Hardware Player. Die Software Ableton Live wird zum Beispiel gerne für solche Aufgaben genutzt. Doch im Prinzip geht das auch mit jeder anderen DAW wie Logic, Cubase, Studio One. Möchte man einzelne Instrumentengruppen (“Stems”) an das Mischpult ausspielen, wird zudem ein mehrkanaliges Audio-Interface für den Computer benötigt oder ein Player, der über entsprechende Einzelausgänge verfügt.
Damit nur die Band das Metronomsignal, den Click, hört, darf dieser natürlich nicht über Lautsprecher wiedergegeben werden. Das Spielen mit In Ear Monitoring (IEM) ist Pflicht. Lies dir dazu unbedingt auch den Grundlagenartikel hier auf music-sensei.com durch. Nur so kannst du sicherstellen, dass nur die Musiker den Click hören und nicht auch das Publikum.
Musikalische Voraussetzungen
Damit ein Konzert mit Backing Tracks nicht im Desaster endet, muss die Band ein gutes Timing besitzen. Das gilt vor allem für den Schlagzeuger. Dieser muss zwingend in der Lage sein, sicher zu einem Metronom (Click) zu spielen. Kann er das nicht und wird ständig schneller oder langsamer, merkt das Publikum den Versatz zum Backing Track oder ihr fliegt gleich ganz raus. Das sichere Spielen zu einem Click ist nicht selbstverständlich und muss geübt werden. Glaub mir, ich habe viele Konzerte mit einem Profi-Drummer auf der Bühne verbracht, der nicht Click-sicher war. Mehr als einmal musste ich den Backing Track ausschalten und oft habe ich Blut und Wasser geschwitzt, wenn ich nach wenigen Takten bemerkt habe, dass der Schlagzeuger nicht mehr synchron zum Playback spielt und dann nach kurzer Zeit der Rest der Band auch nicht, denn jeder orientiert sich immer am Schlagzeuger.
Lead Sheets sind ebenfalls zu empfehlen. Es ist unverzichtbar, dass jeder Musiker die Form des Stückes und auch die harmonische Struktur einhält. Infos zum Thema Lead Sheets bekommst du hier.
Tipps aus der Praxis
Jeder Musiker sollte regelmäßig zu den eingesetzten Backing Tracks üben. Stellt diese deshalb unbedingt allen Musikern zur Verfügung und spielt auch im Proberaum zu den Backing Tracks. Spielt selbst dann zu den Backing Tracks, wenn ihr mit einer großen Band-Besetzung unterwegs seid und sie eigentlich nicht bräuchtet. Schaltet dann einfach alle Instrumentalspuren aus und lasst nur den Click laufen. So ist sichergestellt, dass die Songs immer im gleichen Tempo und in der gleichen Form gespielt werden.
Habt immer ein Backup dabei, zum Beispiel einfache Split Tracks als MP3 auf einem Smartphone. Sollte der Computer/der Player ausfallen, könnt ihr das Backup nutzen.