Grundlagen: Room EQ Wizard (REW)
Die kostenlose Software Room EQ Wizard (kurz REW) hat sich schnell von der Heimkinoszene bei Tontechnikern verbreitet. Sie liefert alles, was wir für das Messen im Beschallungsalltag oder im Tonstudio benötigen. In diesem Artikel erfährst du, wie du ein Messsystem mit REW aufbaust und konfigurierst.
Room EQ Wizard
Eine Software zum Aufbau eines Messsystems ist bestimmt wahnsinnig teuer, oder? Nicht unbedingt. Zwei sehr gute Programme für diesen Zweck sind sogar kostenlos. Die wohl bekannteste und beste Software am Markt, die darüber hinaus für MacOS, Windows und sogar Linux entwickelt wird, ist Room EQ Wizard. Room EQ Wizard (kurz REW) ist kostenlos unter der URL https://www.roomeqwizard.com/ abrufbar.
Nach dem Download und der Installation sind einige Schritte auszuführen, die ich dir hier kurz vorstelle, um dir einen schnellen Start mit REW zu ermöglichen. Für weitere Infos zum Thema Einmessen von Beschallungsanlagen schau dir den entsprechenden Grundlagenartikel an.
Erster Programmstart
Nach der Installation starten wir REW und die Software präsentiert das folgende Fenster (MacOS X):
Das Hauptfenster präsentiert sich recht nüchtern, da noch keine Messung vorliegt. Am oberen Rand finden wir verschiedene Programmfunktionen als Icons in einer Menüleiste. Unter MacOS X finden sich weitere Funktionen in der Programmleiste am oberen Bildschirmrand, die wir hier jetzt nicht sehen. Unter Windows sind diese ins Fenster integriert.
Der erste Schritt nach der Installation führt uns ins Preferences-Menü, wo wir alle Voreinstellungen vornehmen. Drücke dazu auf das Preferences Icon in der rechten oberen Ecke des Hauptfensters.
In den Voreinstellungen nehmen wir vor allem die wichtigen Einstellungen zu unserer Soundkarte oder besser dem Audio Interface vor, wie zum Beispiel das Einstellen der Sample Rate und der Zuweisung der Ein- und Ausgangskanäle.
Die Sample Rate bestimmt, bis zu welcher maximalen oberen Grenzfrequenz eine Messung stattfinden kann. Für den Bereich von 20 Hz bis 20 kHz sind 44.1 kHz Sample Rate ausreichend. Alle höheren Werte funktionieren natürlich auch. Für Messungen von Hardware wie Audio Interfaces nutze ich 192 kHz, für Lautsprecher 48 kHz.
Unter Output Device und Input Device müssen wir den Treiber unserer Soundkarte oder unseres Audio Interfaces einstellen. Dann wählen wir unter Output und Input den entsprechenden Ausgang und Eingang. An den zu wählenden Ausgang ist der zu messende Lautsprecher angeschlossen. Hier wird das Messsignal von REW ausgegeben. An dem zu wählenden Eingang ist das Messmikrofon angeschlossen. Dieser muss +48V Phantomspeisung für das Messmikrofon zur Verfügung stellen. Eine Ausnahme wäre das Messen von anderem Equipment wie Audio Interfaces, Mischpulten.
REW nummeriert die Ausgänge des Audio Interfaces nicht durch, sondern bezeichnet sie mit L, R, L+R, C, LFE und so weiter, also mit ihrer Funktion in einem Mehrkanal-Lautsprechersystem wie zum Beispiel einem 7.1 Surround System. Der Kanal L entspricht dabei dem Ausgangskanal 1 am Interface, der Kanal R dem Kanal 2.
Es macht Sinn, das Messmikrofon immer mit dem Eingang 1 des Audio Interfaces zu verkabeln und den zu messenden Lautsprecher mit dem Kanal 2 und dann dementsprechend in REW den Ausgang L zu wählen.
Timing-Referenz
Es ist eine gute Idee, für jede Messung eine eindeutige Timing-Referenz zu haben. So ist es möglich, mehrere Messungen zu vergleichen und auch eine Mittelung errechnen zu lassen.
Für die Timing-Referenz nutzen wir eine Schleife zwischen einem Eingang und einem Ausgang unseres Audio Interfaces. Dazu verbinden wir ein kurzes Kabel zwischen dem Eingangskanal 2 und dem Ausgangskanal 2 (Kanal R). Nun müssen wir REW noch mitteilen, welche Kanäle wir genutzt haben. Dies geschieht unter dem Punkt Timing Reference und Loopback:
Erstellen einer Kalibrierungsdatei
Der letzte Schritt unserer Voreinstellungen ist nun das Erstellen einer Kalibrierungsdatei für das Audio Interface/die Soundkarte. Dies geschieht wie das Generieren der Timing-Referenz im Loopback-Verfahren, d. h. über das Verbinden eines Ausgangs mit einem Eingang. Da wir diese Verbindung soeben vorgenommen haben, können wir sofort loslegen.
Eine solche Datei muss für jede eventuell genutzte Sample Rate erstellt werden, da das Verhalten des Audio Interfaces/der Soundkarte für verschiedene Sample Rates unterschiedlich ist. Der ermittelte Frequenzgang wird dann bei späteren Messungen von Lautsprechern aus dem Messergebnis von REW herausgerechnet. Übrig bleibt dann der Frequenzgang des Lautsprechers am Messpunkt. Zum Starten der Messung drücken wir auf den Button Calibrate Soundcard. Am unteren Bildschirmrand wird ein Hilfsmenü mit Anweisungen eingeblendet.

Durch das Klicken auf Next gelangen wir zum nächsten Schritt. Da die Verkabelung schon vorgenommen wurde, können wir direkt zum nächsten Schritt über gehen.
REW nutzt nun einen 1 kHz Ton, um die Lautstärke zwischen Ausgang, Messeingang und Referenzeingang einzustellen. Beachte dafür das Meter und stelle alle Pegel exakt gleich ein. REW empfiehlt einen Pegel zwischen -12 und -6 dBFS.
Sobald alle Pegel korrekt eingestellt sind, können wir mit der Kalibrierung beginnen. Der Vorgang dauert nicht lange. Nach dem Kalibrierungsvorgang kann die Datei abgespeichert werden. Gib ihr einen sinnvollen Namen wie zum Beispiel den Namen des Audio Interface plus der Sample Rate, Beispiel:
iConnectAudio 2+_48kHz.cal
Kalibrierungsdaten für Messmikrofone
Bei etwas teureren Messmikrofonen stellen die Hersteller Kalibrierungsdaten für das Mikrofon zur Verfügung, die nicht nur den Frequenzverlauf des Mikrofons beinhalten, sondern auch eine Kalibrierung des Mikrofons auf einen Bezugsschallpegel. Nur so sind SPL-Messungen möglich. Bei günstigen Mikrofonen fehlt eine solche Angabe. Möchte man REW nicht zwingend zur Messung des Lautstärkepegels (SPL) nutzen, kann darauf verzichtet werden. Hat man Daten zur Verfügung, können diese im Kalibrierungsmenü (Cal-Tab in der Menüleiste) eingeladen werden. Hier können auch alle zuvor erstellten Audio Interface-Kalibrierungsdateien für verschiedene Sample Rates geladen werden.
Damit haben wir die Voreinstellungen abgeschlossen und REW ist nun für eine Messung bereit.
Eine Messung durchführen
Um eine Messung zu starten, drücke im Hauptfenster auf den Button Measure in der linken oberen Ecke. Ein neues Fenster öffnet sich:
In diesem Fenster nehmen wir alle wichtigen Einstellungen für die Messung vor. Dazu gehört der Name. Alternativ kann auch automatisch eine Nummer oder das Datum/die Uhrzeit als Name gewählt werden.
Oben rechts bestimmen wir, wie lange die Messung dauern soll und wie viele Wiederholungen stattfinden. Je höher die hier eingestellten Werte sind, desto besser ist später der Signal-Rauschabstand. REW empfiehlt, hier einfach die voreingestellten Werte zu nutzen. Man kann sie bei weiteren Messungen jederzeit ändern.
Unter Notes kannst du Notizen zur Messung machen, zum Beispiel Angaben zum Equipment oder zur Messposition. So weißt du später noch, was die Messung eigentlich genau abbildet. Ein sehr wichtiges Textfeld!
Unter Range gibst du den Messbereich in Hz an. Wähle die Startfrequenz nicht zu tief, wenn der Lautsprecher diese Frequenzen nicht wiedergeben kann, da du sonst unter Umständen Beschädigungen riskierst. Ein Blick ins Datenblatt des Lautsprechers hilft weiter. Gleiches gilt für den Pegel. Ist dieser zu hoch und der Ausgang des Audio Interface zu weit aufgezogen, könnte es ebenfalls zu Beschädigungen an den Treibern des Lautsprechers kommen. Deshalb ist der nächste Punkt sehr wichtig: Check Levels
Drücke nun den Button Check Levels. REW gibt Rosa Rauschen über den gewählten Messausgang an den Lautsprecher ab. Stelle nun den Pegel zwischen dem Audio Interface und dem Lautsprecher gut anhand der Anzeige hier ein. Auch der Pegel des Messmikrofons muss nun eingestellt werden (Austeuerungsanzeige am Interface beachten!) REW misst das Signal und zeigt “ok”, wenn der Pegel gut ist. Ist der Pegel zu gering oder werden Übersteuerungen gemessen, gibt REW das ebenfalls aus.
Haben wir alles korrekt eingestellt, starten wir die Messung durch das Drücken auf Start. REW spielt nun einen Sinus Sweep ab und nimmt diesen über das Messmikrofon wieder auf. Parallel wird ein Signal über den Timing Reference-Kanal ausgegeben und vom Interface wieder aufgenommen, um die Zeitreferenz zu erstellen. Hat alles geklappt, erscheint das Messergebnis im Hauptfenster:
Vermutlich wird der Frequenzgang erheblich gezackter aussehen als im oben gezeigten Screenshot. Dort ist der Frequenzverlauf bereits einer Glättung von 1/6 Oktave unterzogen worden. Die Einstellungen zur Glättung findest du unter dem kleinen Zahnrad rechts oben (“Controls”). Schalte aber zunächst über die Reiter über dem Frequenzdiagramm auf den Punkt “All SPL” um und klicke dann auf das Zahnrad.
Statt “No smoothing” wählst du aus der Auswahlliste die gewünschte Stärke der Glättung und klickst anschließend auf den Button “Apply Smoothing”.
Über dieses Menü kannst du auch mehrere gemessene Frequenzgänge mitteln lassen. Das ist zum Beispiel sinnvoll, wenn du den Frequenzgang an mehreren Messpunkten im Raum ermittelt hast und nun daraus einen Frequenzgang zum Ableiten einer Korrekturkurve für den EQ erstellen möchtest:
Hat man sehr viele Messungen an verschiedenen Positionen vorgenommen, wird es unübersichtlich. Einzelne Messungen lassen sich über die Legende unter dem Frequenzschrieb ein- und ausblenden oder für die Verarbeitung anwählen. Auch welche Glättung sie besitzen, wird dort angezeigt.
Vergiss nicht, deine Messungen zu speichern. Dies geschieht zum Beispiel über den Button “Save all”. Möchtest du den Frequenzschrieb exportieren, geschieht das über das Kamera-Icon (“Capture”).
Weitere Darstellungen
Aus der Impulsantwort lassen sich weitere Daten und Diagramme generieren. Interessant ist für uns zum Beispiel die Nachhallzeit eines Raumes (RT60). Diese sieht zum Beispiel in einer Kirche folgendermaßen aus:
Auch ein Wasserfall-Diagramm oder Spektogramm können manchmal hilfreich sein, um zum Beispiel das Nachschwingen bei bestimmten Frequenzen, wie es bei Raummoden auftritt, zu visualisieren.
Fazit
REW ist eine tolle Software für alle Messungen rund um Lautsprecher und anderes Audio-Equipment. Die Grundfunktionen der kostenlosen Software sind schnell erlernt und es gibt viele Tutorials im Internet und auch auf der Internetseite des Herstellers. So lässt sich schon für zum Beispiel 100€ für ein einfaches Messmikrofon und ein zweikanaliges Audio Interface ein Messsystem aufbauen (Laptop vorausgesetzt).