Grundlagen: Equalizer
Sie begegnen uns überall: An der Stereoanlage, in den Sound-Einstellungen des Autoradios, an Mischpulten, an Gitarren- und Bassverstärkern, in der Digital Audio Workstation, am Smartphone und eigentlich überall da, wo es um den guten Ton geht: Equalizer. Was macht eigentlich ein Equalizer und wozu setze ich ihn ein? In diesem Artikel erfährst du alles, was du über Equalizer wissen musst.
Equalizer: Was ist das?
Ein Equalizer ist ein elektronisches Hilfsmittel zur Klangformung. In der Fachsprache sprechen wir auch von Filter und Entzerrung. Das klingt ganz schön technisch und das war es ursprünglich auch. Ein Equalizer oder kurz EQ ist eigentlich ein Werkzeug zum Entzerren des Klangs. Damit ist gemeint, dass bestimmte Frequenzen aus dem Frequenzspektrum herausgefiltert werden. Das können zum Beispiel Störsignale sein oder Signalanteile, die in einem Mix keinen hohen Nutzen haben.
Die ersten Filterschaltungen waren rein passiv, also ohne Verstärkung, und haben zu Beginn nur Signalanteile abgesenkt. Später kamen dann auch Equalizer, die Signalanteile verstärken konnten. So lassen sich heute mit Equalizern einzelne Klänge oder ein ganzer Mix bearbeiten und formen.
Equalizer können ganz einfach aufgebaut sein und nur aus einem einzelnen Regler für ein Frequenzband bestehen, mit dem sich ein vom Hersteller festgelegtes Frequenzband anheben oder absenken lässt. Ein solcher EQ ist zum Beispiel bei den meisten Hifi-Geräten zu finden (Klangregelung für Bass und Treble). Equalizer können aber auch komplexer sein und zum Beispiel das Anheben oder Absenken vieler verschiedener Bänder erlauben. Auch das Einstellen der Frequenz, bei der eine Bearbeitung stattfinden soll, ist bei einigen EQs möglich. Schauen wir uns das mal genauer an.
High Pass-Filter (Low Cut)
Das High Pass-Filter, auch Hochpassfilter, Low Cut oder Tiefensperre genannt, lässt Frequenzen unter einer (einstellbaren) Grenzfrequenz nicht durch (Sperrbereich), während Frequenzen oberhalb passieren dürfen (Durchlassbereich). Je nach Realisierung hat ein solches Filter eine bestimmte Flankensteilheit. Diese wird in Dezibel pro Oktave (db/Oct.) angegeben und besagt, wie schnell das Filter im Sperrbereich die maximale Dämpfung erreicht. Je höher die Flankensteilheit, desto schneller wird die volle Dämpfung unterhalb der Grenzfrequenz erreicht.
Bei einer Flankensteilheit von 6 dB/Oct. fällt das Signal sanft ab. Der Pegel bei 40 Hz ist also um circa 6dB geringer als bei 80 Hz (eine Frequenzverdoppelung oder Frequenzhalbierung entspricht dem Abstand einer Oktave).
Es lassen sich auch Filter realisieren, die eine höhere Flankensteilheit haben:
Wie du in der Abbildung oben erkennen kannst, ist der Pegel bei 40 Hz bereits um 12 dB geringer als bei 80 Hz. Die Flankensteilheit beträgt hier demnach 12 dB/Oct. Das Filter lässt also Frequenzen unterhalb der Grenzfrequenz von 80 Hz erheblich schwächer durch als das vorangegangene Filter mit 6 dB/Oct. Filter mit High Pass-Filter mit 6 dB/Oct. und 12 dB/Oct. werden zum Beispiel gerne bei der subtraktiven Klangsynthese analoger (und digitaler) Synthesizer verwendet. In der Tontechnik bedient man sich oftmals High Pass-Filter mit deutlich höherer Flankensteilheit, zum Beispiel von 24 dB/Oct.
Mit einem solchen Filter lassen sich prima Störgeräusche unterhalb der Grenzfrequenz wie Rumpeln entfernen. Filter mit sehr hoher Flankensteilheit findet man vor allem in digitalen Mischpulten und in der DAW. Es geht auch noch steiler:
Low Pass-Filter (High Cut)
Das Low Pass-Filter, auch High Cut, Tiefpassfilter oder Höhensperre genannt, ist das Gegenstück zum High Pass-Filter, nur dass der Sperrbereich und der Durchlassbereich vertauscht sind. Frequenzen unterhalb der Grenzfrequenz werden also durchgelassen, während Frequenzen oberhalb der Grenzfrequenz abgesenkt werden. Erneut bestimmt die Flankensteilheit, wie stark das geschieht.
Band Pass-Filter
Schaltet man einen Hochpass und einen Tiefpass in Reihe, erhält man ein Band-Pass-Filter. Es wird also nur das Band innerhalb der eingestellten Grenzfrequenzen der beiden Filter durchgelassen.
Shelving-Filter (Kuhschwanz)
Als ein Shelving-Filter, auch Kuhschwanzfilter genannt, bezeichnet man ein Filter, das Signale unter oder über der eingestellten Eckfrequenz anhebt. Einstellbar sind in der Regel die Eckfrequenz sowie die Verstärkung/Dämpfung. Dies ist der häufigste Filtertyp und zum Beispiel bei vielen Verstärkern zu finden (Bass- und Höhenregler).
Bell-Filter (Glocke)
Das Bell-Filter, auch Glockenfilter genannt, hebt Frequenzen rund um eine Center-Frequenz an oder senkt sie ab. Die Breite der Anhebung oder Absenkung (Bandbreite) kann entweder vom Hersteller vorgegeben sein oder vom Anwender einzustellen. Einzustellen ist sie oft in Form des Q-Faktors. Ein hoher Q-Faktor bedeutet eine geringe Bandbreite und ein geringer Q-Faktor eine hohe Bandbreite. Bandbreite und Q-Faktor verhalten sich also umgekehrt proportional zueinander.
Notch-Filter (Kerbfilter)
Ein Notch-Filter, auch Kerbfilter genannt, ist im Prinzip ein Bell-Filter mit sehr hohem Q-Faktor (also extrem geringer Bandbreite). Man kann es auch als extreme Bandsperre bezeichnen, bei der Frequenzen zwischen zwei sehr nahe beieinander liegenden Grenzfrequenzen gesperrt, also ausgefiltert werden. Notch-Filter werden nur für Absenkungen verwendet und ermöglichen es, sehr schmalbandige Störgeräusche wie Rückkopplungen gezielt zu eliminieren.
Einsatz von Equalizern
Equalizer können zum Ausfiltern von Störgeräuschen oder Resonanzen eingesetzt werden. Dazu eignen sich sehr gut High Pass-, Low Pass-, Bell und Notch-Filter.
Um einen Klang interessanter zu machen und zu formen, bieten sich Shelving-Filter an oder Bell-Filter mit großer Bandbreite. Als sehr musikalisch bezeichnete Equalizer heben oft breitbandig an, senken aber schmalbandig ab. Hier wird mit einem dicken Pinsel gemalt.
Demzufolge gibt es verschiedene Equalizer für die einzelnen Aufgabenbereiche. Einfache EQs besitzen Festfrequenzen und eine feste Bandbreite. Dazu gehören einfache Zwei-Band-, Drei-Band- und Vier-Band-EQs in Mischpulten, bei denen die Eckfrequenz festgelegt ist, der Nutzer aber die Verstärkung oder Dämpfung bestimmen kann.
Kann der Benutzer auch die Frequenz, die es zu bearbeiten gilt, bestimmen, sprechen wir von einem semi-parametrischen EQ. Ist auch die Bandbreite (der Q-Faktor) noch einstellbar, sprechen wir von parametrischen EQs. Parametrische Equalizer sind sehr mächtig und sind heutzutage in jedem Digitalpult zu finden.
Es gibt Sonderformen wie zum Beispiel die Grafischen Equalizer, die Festfrequenzen bieten, aber dafür eine hohe Anzahl an Bändern, zum Beispiel 31 Bänder bei Terzband-Equalizern (jedes Frequenzband ist vom Nachbarn um eine Terz entfernt). Grafische Equalizer wurden früher oft zum Entzerren von Lautsprechern verwendet. Ihr Gegenstück ist der Analyzer, der für jede Frequenz den aktuellen Pegel anzeigt. Auch für das “Einpfeifen”, also das Aufspüren und Eliminieren von Rückkopplungen auf Monitorlautsprechern vor dem Soundcheck wurden Grafische EQs in Verbindung mit einem Analyzer gerne eingesetzt. Dazu erhöht der Techniker den Pegel des Monitors langsam und liest die Frequenz der einsetzenden Rückkopplung vom Analyzer ab. Am Grafischen Equalizer senkt er nun die betreffende Frequenz leicht ab, bis es nicht mehr pfeift. Dieses Spiel wird so lange wiederholt, bis die gewünschte Bühnenlautstärke erreicht ist. Doch Vorsicht: Irgendwann sind alle Regler komplett runtergezogen. Übertreibt es also nicht. Wenn es zu stark koppelt, sollte eher die Ursache der Rückkopplungen behoben werden. Dazu mehr in einem eigenen Artikel.
Vielleicht möchtest du einen Mix (im Studio oder Live) etwas aufräumen. Begrenze dazu den Frequenzbereich einzelner Instrumente (oder Instrumentengruppen) auf das absolut Notwendige. Ein E-Bass hat in den höchsten Höhen genauso wenig etwas zu suchen wie der Gitarrist oder Keyboarder im Tiefbass-Bereich. Sänger und Sängerinnen liefern auch unter 100 Hz kaum noch wichtige Signalanteile. Die Mikrofone an den Becken des Schlagzeugs müssen nicht zwingend auch das tiefe Standtom und die Bass Drum übertragen (außer es ist gewollt). Wer hier geschickt mit High Pass- und Low Pass-Filtern arbeitet, wird einen Mix erheblich transparenter machen.
Constant Q vs. Variable Q
Der Vollständigkeit halber sein hier noch erwähnt, dass es bei Equalizern verschiedene Realisierungen bezüglich der Bandbreite bei Absenkungen und Anhebungen gibt. Bei einem Equalizer mit Contant Q ist die Bandbreite unabhängig von der Stärke der Anhebung oder Dämpfung immer gleich. Bei einem Variable Q Equalizer hingegen ändert sich die Bandbreite mit der Stärke der Anhebung oder Dämpfung. Ein interessantes Konzept für Variable Q Equalizer findet sich in vielen Mischpulten: Hebt man eine Frequenz mit einem Bell-Filter mit Variable Q an, so wird die Bandbreite mit zunehmender Verstärkung größer (das Q geringer). Senkt man hingegen eine Frequenz mit einem Bell-Filter mit Variable Q ab, wird die Bandbreite mit zunehmender Dämpfung immer geringer (das Q größer). Ein solcher Equalizer mit variablem Q klingt sehr viel musikalischer als einer mit konstantem Q.
Fazit
Equalizer sind hervorragende Tools zur Störungsbeseitigung , aber auch zur Klangformung. Es gibt sie in verschiedenen Ausführungen, die du in diesem Artikel kennengelernt. Jetzt heißt es: Ausprobieren! Das geht zum Beispiel sehr gut mit einer DAW und den mitgelieferten Plugins. Du kannst aber auch mit dem EQ eines Mischpults machen.