Grundlagen: Was ist eigentlich MIDI?
Das Wort MIDI begegnet uns überall in der Audiowelt. Und jetzt spricht man sogar schon von MIDI 2.0. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter MIDI? In diesem Artikel erfährst du es.
MIDI – uralt und doch aktuell
MIDI ist eigentlich eine Abkürzung und steht für Musical Instrument Digital Interface, was übersetzt soviel bedeutet wie digitale Schnittstelle für Musikinstrumente. Zu Beginn waren das nicht irgendwelche Musikinstrumente, sondern ganz konkret Keyboards und Orgeln.
Zu Beginn, das war im Jahr 1981, stellte ein gewisser Dave Smith, Gründer von Sequential, ein Protokoll vor, das er erarbeitet hatte. Dieses sollte es Synthesizern verschiedener Hersteller ermöglichen, miteinander zu kommunizieren. Je nachdem, wen man fragt, hatte dazu entweder er die initiale Idee oder aber der Gründer der Firma ROLAND, Ikutaro Kakehashi. Letzterer war jedenfalls gemeinsam mit Tom Oberheim beteiligt, als Dave Smith das Protokoll vorstellte. Gemeinsam hat man die Idee von Dave Smith ausgearbeitet und 1983 war es soweit: MIDI erblickte das Licht der Welt und die Synthesizer von Roland und Sequential waren die ersten Instrumente, die mit der neuartigen Schnittstelle ausgestattet wurden. Von da an verbreitete sich MIDI schnell um die ganze Welt und hat die Arbeit im Tonstudio und auf der Bühne genauso revolutioniert wie die Art und Weise Musik zu produzieren. Bis heute ist es überall auf der Bühne und im Studio im Einsatz. Mittlerweile wurde der MIDI Standard 2.0 vorgestellt und in erste Produkte integriert.
Was macht MIDI?
MIDI sorgt dafür, dass verschiedene Geräte miteinander kommunizieren können. Das können zum Beispiel zwei Keyboards sein. Während auf der Tastatur eines Keyboards gespielt wird, erklingen auch die gespielten Töne auf dem zweiten per MIDI verbundenen Keyboard.
Damit wäre das Wesen von MIDI schon grob beschrieben: Es ist ein Protokoll zur Steuerung von Geräten. Es werden keine Audiodaten übertragen. Gerade letzteres hat immer und immer wieder zu Missverständnissen geführt und führt es noch, wenn Musiker sich das erste Mal in Kontakt mit MIDI kommen.
MIDI ist also ein Steuerungsprotokoll, das MIDI-Daten von einem Instrument per MIDI-Kabel zu einem zweiten Instrument übermittelt. Beim MIDI-Kabel handelt es sich um ein Kabel mit zwei fünfpoligen DIN-Steckern. Von diesen fünf Polen sind aber nur drei belegt, der Rest wird nicht benötigt.
MIDI hat einen Sender und einen Empfänger (oder mehrere). MIDI-Daten sind digital, d. h. es handelt sich um Nullen und Einsen, die auch von einem Computer gespeichert werden können. MIDI Sender und MIDI Empfänger sprechen auf bis zu 16 MIDI-Kanälen miteinander. Der MIDI-Kanal von Sender und Empfänger muss übereinstimmen.
Es gibt verschiedene Arten von MIDI-Nachrichten, die zwischen Sender und Empfänger hin und her geschickt werden. Welche Art von MIDI-Nachrichten beide verstehen, legt der Hersteller fest. Damit der Musiker später weiß, welche Art von Nachrichten seine Geräte verstehen, veröffentlicht der Hersteller diese in einem MIDI Implementation Chart. Dort ist genau festgehalten, welche Nachrichten das MIDI Gerät senden und welche es empfangen kann.
MIDI-Nachrichten
Die verschiedenen Arten von MIDI-Nachrichten sind:
- Channel Messages. Zu den Channel Messages gehören:
– Note on/Note off-Befehle
– Programmwechselbefehle (Program Change)
– Aftertouch
– Pitch Bend
– Control Changes - System Common Messages. Zu den System Common Messages gehören Realtime Messages wie:
– MIDI-Clock zur Synchronisierung
– Commands (Start/Stopp/Continue)
– MTC (MIDI Timecode) Short form
– Active Sensing
sowie Non-Realtime Messages wie:
– Tune Request
– System Reset
– Song Select
– Song Position Pointer - System Exlusive Messages (Sys-Ex):
– Manufacturer System Exclusive
– Non-Commercial
– Non-Realtime (GM, Sample Dump)
– Realtime (MIDI Timecode Full Form)
Die wichtigsten MIDI-Befehle sind in Gruppe 1 und 2 zu finden. Drückt der Keyboarder eine Taste, wird ein Note On-Befehl gesendet, der dem Empfänger sagt, dass eine Taste gedrückt wurde, welche Taste gedrückt wurde, mit welcher Anschlagsgeschwindigkeit (Velocity), diese gedrückt wurde. Wird die Taste wieder losgelassen, schickt der Sender einen Note Off-Befehl für die betreffende Taste. Der Zuvor getriggerte Ton am Empfänger verstummt nun (hoffentlich).
Programmwechselbefehle dienen dazu, dem Empfänger mitzuteilen, dass er ein bestimmtes Programm aus seinem internen Speicher aufrufen soll, das dieser Programmnummer zugeordnet ist.
Aftertouch besitzt nicht jedes Keyboard oder jeder Klangerzeuger. Per Aftertouch kann der Klang noch nach dem Anschlagen einer Taste weiter beeinflusst werden.
Pitch Bend-Befehle werden gesendet, wenn der Benutzer das Pitch Bend-Rad oder den Pitch Bend-Stick an seinem Keyboard benutzt. Mit diesem wird die Tonhöhe manipuliert.
Control Changes sind neben den Notenbefehlen die wichtigsten Befehle. Mit ihnen kann eine Vielzahl von Aufgaben gelöst werden, zum Beispiel die Lautstärke beeinflusst werden. Über Control Changes lassen sich viele Parameter modulieren.
Aus der zweiten Gruppe sind vor allem die MIDI-Clock, die Start/Stopp/Continue Commands und der Song Select sowie Song Position Pointer wichtig. Auch MTC spielt eine große Rolle. Diese werden vor allem dann verwendet, wenn MIDI-Daten aus der Gruppe 1 von einem Sequencer oder Computer gespeichert und wiedergegeben werden sollen.
Wie mit einem Audiorecorder lassen sich mit einem Sequencer Signale aufzeichnen. Es sind halt nur keine Audiosignale, sondern eben digitale MIDI-Daten. Spielt man diese wieder ab und hat einen Empfänger angeschlossen, der diese versteht, kann dieser die MIDI-Daten wieder in Klanginformationen umwandeln, zum Beispiel in eine zuvor eingespielte Melodie. Anders als bei einem Audiorecorder kann der Musiker aber noch den einzelnen Spuren der Aufnahme andere Klänge zuweisen, diese bearbeiten und vieles mehr.
MIDI-Datenformat
Das MIDI-Datenformat lässt sich nicht in aller Kürze vorstellen. Ich möchte dir dennoch einige wichtige Eckpunkte vorstellen.
MIDI-Daten bestehen aus einer Folge von Bytes. Ein Byte besitzt acht Bit. Das linke Bit wird als MSB (= Most Significant Bit) bezeichnet. Ihm kommt eine besondere Bedeutung zu. Ist es eine 1, dann handelt es sich bei dem Befehl um ein Status-Byte. Ist es hingegen eine 0, dann weiß der Empfänger, dass er es mit einem Daten-Byte zu tun hat. Ein Status-Byte ist also der Befehl “Mach dieses oder jenes” und das Daten-Byte spezifiziert diesen Befehl und sagt genau, was zu tun ist oder gibt die Daten an, mit denen etwas zu tun ist. Es bleiben von den 8 Bit von einem Byte also noch 7 Bits übrig, mit denen sich Befehle erteilen oder Zahlen darstellen lassen. Dementsprechend ist die höchste Zahl, die mit einem MIDI-Byte dargestellt werden kann auch 127 (plus 0 ergeben sich 128 mögliche Werte). Normalerweise ließen sich mit 8 Bit 256 mögliche Werte darstellen (255 plus 0 ergibt 256 mögliche Werte). Nicht so bei MIDI, da das MSB reserviert ist. Hier ein Beispiel
10010000 00001111 01111111
Der erste Befehl beginnt links mit einer 1. Der MIDI-Empfänger weiß also, dass es sich um ein Status-Byte handelt. Den folgenden drei Bits 001 entnimmt er, dass es sich um den Befehl Note On handelt. Die nächsten vier Stellen 0000 enthalten den MIDI-Kanal, auf dem dieser Befehl gesendet werden soll. In diesem Fall ist es die binäre Entsprechung für den MIDI-Kanal 1.
00001111 beginnt mit einer 0, es ist also ein Daten-Byte. Das Daten-Byte, das auf den Note On-Befehl folgt, enthält immer die Notennummer. In unserem Fall ist es die Notennummer 16 (eigentlich 15, aber die 0 wird mitgerechnet).
01111111 beginnt ebenfalls mit einer 0, es ist also ebenfalls ein Daten-Byte. Das zweite Datenbyte, das auf einen Note On-Befehl sorgt, gibt die Anschlagsstärke, besser die Anschlagsgeschwindigkeit (Velocity) an. 01111111 entspricht einer Velocity von 128 (eigentlich 127, aber die 0 wird erneut mitgerechnet), also der vollen Anschlagstärke.
MIDI in der Praxis
MIDI hat die Musikwelt vollkommen auf den Kopf gestellt. Zwar konnten Synthesizer auch vorher schon miteinander über die CV-Schnittstelle miteinander kommunizieren, das war aber eine analoge Schnittstelle, die zudem oftmals von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich ausgelegt war. Mit MIDI sollte sich das ändern. Trägt ein Gerät das MIDI-Logo, dann ist es kompatibel zu jedem anderen MIDI-Gerät. Lediglich der Befehlssatz, der gesendet oder empfangen wird, kann sich unterscheiden.
Durch das Verbinden verschiedener Keyboards ließen sich diese gemeinsam spielen und deren Sounds schichten. In den frühen 1980er Jahren, in denen Keyboards nur über eine begrenzte Anzahl an Stimmen besaßen und das Schichten von Sounds nicht von sich aus erlaubten, eine Revolution. Die Geräte besitzen dazu bis zu drei DIN-Buchsen: MIDI IN (Eingang zum Empfang von MIDI-Daten), MIDI OUT (Ausgang zum Senden von MIDI-Daten) und MIDI THRU (Weiterleitung der am MIDI IN empfangenen MIDI-Daten zu einem weiteren Gerät).
Mit Sequencern lassen sich MIDI-Daten entlang einer Zeitlinie aufzeichnen und wiedergeben. Außerdem können die Daten im Nachhinein manipuliert werden. So lassen sich falsche Töne berichtigen oder der Rhythmus begradigen (= quantisieren). Daten können kopiert werden oder wiederholt. Die Produktion von Musik mittels Sequencer und MIDI-Klangerzeugungen war plötzlich für jeden Musiker möglich und viel günstiger als die damalige Tonaufzeichnung auf Band. Verschiedene Geräte wie Sequencer und Drumcomputer lassen sich per MIDI Clock miteinander synchronisieren, starten und stoppen gemeinsam und laufen schön im Gleichschritt. MIDI Time Code (MTC) ermöglichte ebenfalls die Synchronisation und wurde gerne genutzt, um Bandmaschinen und Sequencer miteinander zu synchronisieren. MTC und SMPTE, das vor allem für die Synchronisation beim Film genutzt wird, lassen sich gemeinsam nutzen.
Über MIDI lassen sich Programmwechselbefehle an angeschlossene Geräte senden, die dann automatisch ihre Presets umschalten, sodass der Musiker nicht mehr alle Geräte einzeln bedienen muss.
Über MIDI Controller lässt sich der Klang beeinflussen oder das eigene Spiel interessanter gestalten.
MIDI wird heute auch für die Steuerung von Licht und Video eingesetzt. Effektgeräte, Gitarrenverstärker, Keyboards, Lichtsteuerpulte, Digitale Mischpulte und vieles mehr “sprechen” MIDI und können miteinander kommunizieren. Die automatisierte Bühne ist längst keine Zukunftsmusik mehr.
USB MIDI
Benötigte man früher ein MIDI-Interface, um dem Computer die Kommunikation mit MIDI-Geräten zu ermöglichen (Ausnahme war der Atari ST mit seiner integrierten MIDI-Schnittstelle), hat die USB-Schnittstelle ebenfalls die Kommunikation mit MIDI ermöglicht. USB MIDI ist das Schlagwort. Dabei werden die MIDI-Daten nicht über ein MIDI-Kabel mit DIN-Steckern übertragen, sondern über ein USB-Kabel. Dazu müssen der MIDI-Sender und der MIDI-Empfänger mit einer USB-to-Host Schnittstelle ausgestattet sein, was aber heutzutage meistens der Fall ist. Über USB lassen sich zudem auch Audio und MIDI-Daten gemeinsam übertragen, was weitere Vorteile mit sich bringt. Dennoch sind auch heutzutage die meisten Geräte noch zusätzlich mit dem MIDI Trio IN/OUT/THRU ausgestattet.
Fazit
Ich hoffe, dass dir dieser kleine Überblick über MIDI weitergeholfen hat. Hinter MIDI steckt noch viel mehr, was gar nicht in so einem kurzen Artikel darstellbar ist. Ich empfehle dir diese tolle Internetseite, die die wichtigsten Facts von MIDI zusammen getragen hat und noch mehr ins Detail geht als es ein einzelner Artikel könnte. Es handelt sich hier um den ROLAND MIDI Guide, der zwar schon älter ist, aber alles enthält, was du zu MIDI wissen musst.