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Inkasso für Musiker

“Mir passiert so etwas nicht!” – was eine naive Vorstellung ich doch hatte, als ich vor vielen Jahren in die Selbstständigkeit als freiberuflicher Musiker, Musiklehrer und Autor gestartet bin. Und dann ist es doch passiert und damit du in so einem Fall nicht in Panik gerätst, habe ich meine Erfahrungen mit dem Thema Inkasso für dich zusammengefasst.

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Das Thema Geld beschäftigt jeden freiberuflichen Musiker mehr als ihm lieb ist

Geld oder Leben

Die Erste Allgemeine Verunsicherung hat im Lied “Geld oder Leben” richtig zusammengefasst, was eigentlich jeden Menschen und vor allem uns Freiberufler täglich beschäftigt. Dort heißt es:

Es beherrscht der Obolus
Seit jeher unsern Globulus
Mit anderen Worten: Der Planet
Sich primär um das eine dreht!​

Und dann weiter:

Ohne Rubel geht die Olga
Mit dem Iwan in die Wolga
Für Karl-Otto gilt dasselbe
Ohne Euro in die Elbe!

Was hier wie ein Klamauk daherkommt, ist für den Freiberufler bitterer Ernst, denn nicht bezahlte Rechnungen führen unter Umständen zu ernsten finanziellen Schwierigkeiten.

Als freiberuflicher Musiker sind anders als bei einem Angestellten regelmäßige Zahlungseingänge in stets gleicher Höhe selten. Regelmäßige Ausgaben in stets steigender Höhe sind jedoch wesentlich häufiger. Das Ansparen größerer Summen fällt Musikern oft schwer und das wenige angesparte Geld muss dann für die Altersvorsorge herhalten. Jeder Zahlungsausfall sorgt also dafür, dass das Konto sich in rasanter Geschwindigkeit leert oder sogar überzogen wird. Hohe Zinsen für den Dispositionskredit machen das zu einem teuren “Vergnügen”. Aus diesem Grund ist es für Freiberufler unerlässlich, auf ausbleibende Zahlungen sofort zu reagieren. Doch welche Möglichkeiten gibt es?

Zahlungsfristen

Eine Rechnung ist vom Kunden sofort zu zahlen, wenn nichts anderes vereinbart wurde. Es ist in jedem Fall sinnvoll, in der Rechnung ein Zahlungsziel anzugeben. Dieses sollte nicht zu lang gewählt werden. In meinen Rechnungen ist es in der Regel auf 10 Tage ab Ausstellungsdatum der Rechnung gesetzt. Das ist fair und es sollte für keinen Kunden ein Problem sein, dieses Zahlungsziel einzuhalten. Anders ist das bei Musikschülern. Hier ist es üblich, den Unterrichtsbeitrag zum Monatsanfang zu entrichten. Auch hier sollte unbedingt im Unterrichtsvertrag ein Stichtag vereinbart werden, bis zu dem die Zahlung auszuführen ist. Eine Ausnahme ist die Lastschrift, die ja vom Musiklehrer selbst vorgenommen wird. In diesem Fall hat der Lehrer es selbst in der Hand, diese entsprechend einzurichten.

Erstellt man die Rechnung per Buchhaltungs-Software, wird meistens automatisch eine Meldung zur Fälligkeit ausgegeben bzw. die Rechnung auf Verzug gesetzt, sollte sie bis zum Stichtag nicht auf “bezahlt” gesetzt worden sein.

Ich empfehle jedem Freiberufler, eine solche Software zu verwenden (ich selbst nutze die Software GrandTotal) und regelmäßig die damit versandten Rechnungen zu überprüfen. Das geht schnell und so behält man den Überblick, was noch an Zahlungen wann zu erwarten ist.

Zahlungsverzug – was ist zu tun?

Bei einem Zahlungsverzug sollte zunächst eine freundliche Zahlungserinnerung versendet werden. Auch dazu bietet sich eine Buchhaltungs-Software an, die in der Regel entsprechende Vorlagen mitbringt und aus der Rechnung auf Knopfdruck eine Zahlungserinnerung generiert. Erneut sollte die Zahlungserinnerung ein Zahlungsziel enthalten, zum Beispiel sieben Tage. Wurde das Geld bis zum Stichtag erneut nicht bezahlt, sollte sofort erneut gehandelt werden. Eine Verpflichtung, eine erneute Frist zu setzen, gibt es aber nicht. Zudem ist die Zahlungserinnerung eigentlich schon einen Mahnung. Der darin angeschlagene Ton ist aber in der Regel noch freundlich, da man schlicht davon ausgeht, dass der Kunde das Begleichen der Rechnung nur vergessen hat.

Reagiert der Kunde auf die Zahlungserinnerung nicht, sollte unbedingt eine Mahnung geschickt werden. Das geht per Post, Email oder Fax. Es ist allerdings ratsam, ein Protokoll zum Versand zu besitzen, um diesen nachweisen zu können. Das Schriftstück sollte mit “1. Mahnung” überschrieben sein. Wird erneut nicht bezahlt, erfolgt die zweite Mahnung.

Egal ob Zahlungserinnerung oder Mahnung: Auf alle Schriftstücke gehören die gleichen Angaben, die auch auf der dazugehörigen Rechnung zu finden sind. Nutzt man eine Buchhaltungs-Software, trägt diese die notwendigen Angaben in der Regel automatisch ein. Alternativ kopiert man diese aus der Rechnung in die Zahlungserinnerung oder den Mahnbescheid.

Zahlt der Kunde trotzdem nicht, wird es komplizierter. Nun überlässt man die Sache lieber einem Profi, also einem Inkasso-Unternehmen.

Inkasso-Unternehmen

Auch wenn man bei einem Inkasso-Unternehmen immer an Geldeintreiber denkt, die für große Unternehmen säumige Kunden unter Druck setzen, stimmt dieses Bild nicht. Inkasso-Unternehmen arbeiten genauso für kleine Unternehmen und Selbstständige wie für große Unternehmen. Im Prinzip könnte man schon die Zahlungserinnerung einem Inkasso-Unternehmen überlassen. Da allerdings mit der Beauftragung auch Kosten für den säumigen Kunden verbunden sind, sollte man die Zahlungserinnerung und auch zumindest die erste Mahnung noch selbst übernehmen. Beauftragt man ein Inkasso-Unternehmen, überprüft dieses ohnehin, welche Maßnahmen schon erfolgt sind. Waren diese rechtssicher, arbeitet es nahtlos ab da weiter. Ansonsten wiederholt es Zahlungserinnerungen und Mahnungen und führt diese rechtssicher aus.

In der Regel kostet die Beauftragung eines Inkasso-Unternehmens den freiberuflichen Musiker nichts. Das Inkasso-Unternehmen schlägt seine Bearbeitungsgebühr, Mahngebühren und Verzugszinsen auf den Rechnungsbetrag auf. Zu begleichen hat diesen der Schuldner, nicht der Gläubiger (also derjenige, dem das Geld geschuldet wird).

Im Prinzip wäre auch der Gläubiger selbst berechtigt, diese Forderungen auf den Rechnungsbetrag aufzuschlagen und das Mahnverfahren selbst durchzuführen. Allerdings möchten wir uns damit ja nicht weiter belasten. Außerdem erhöht es den Druck auf den Schuldner, wenn eine Inkasso-Unternehmen das Inkasso übernimmt. Da außerdem das ganze Verfahren rechtssicher durchgeführt werden muss, um im Falle eines Falles auch gerichtlich gegen den Schuldner vorgehen zu können, ist der Weg über ein Inkasso-Unternehmen definitiv empfehlenswert.

Zahlt der Schuldner den Rechnungsbetrag plus Gebühren an das Inkasso-Unternehmen, erfolgt eine Mitteilung an den Gläubiger, dass die Rechnung beglichen wurde. Der Gläubiger erhält nun eine Rechnung vom Inkasso-Unternehmen, in der der Gesamtbetrag aufgeführt ist und nach Rechnungsbetrag plus Kosten aufgeschlüsselt ist. Überwiesen wird nur der geforderte Rechnungsbetrag, die aufgeführten Kosten behält das Unternehmen ein. Dies ist also die Bezahlung für die Dienste des Inkasso-Unternehmens. Achtung: Auf diese Kosten wird vom Inkasso-Unternehmen in der Regel Mehrwertsteuer erhoben, die dann vom Gläubiger zu zahlen ist. Dieser kann sie wieder im Rahmen seiner Umsatzsteuererklärung beim Finanzamt geltend machen und von vereinnahmter Umsatzsteuer abziehen.

Je nach Inkasso-Unternehmen informiert das Unternehmen den Gläubiger über den Stand des Mahnverfahrens. Führt das außergerichtliche Mahnverfahren nicht zu einer Einigung, schließt sich ein gerichtliches Verfahren an. Dazu kommt es hoffentlich gar nicht erst. In so einem Fall würde das Inkasso-Unternehmen eine Erstberatung durchführen und anbieten, einen hauseigenen Anwalt zu beauftragen. Natürlich kann die Sache auch an einen eigenen Anwalt übergeben werden.

Wie lange warte ich auf das Geld?

Nach der Beauftragung des Inkasso-Unternehmens ist mit Wartezeiten von mindestens vier Wochen auszugehen. Voraussetzung für die Beauftragung des Inkasso-Unternehmens ist immer, dass sich der Schuldner bereits in Verzug befindet. Das ist dann der Fall, wenn er die Rechnung nicht bis zum Fälligkeitsdatum beglichen hat. Für die Dauer ist außerdem von Bedeutung, wie die Kommunikation mit dem Inkasso-Unternehmen abläuft: Briefe müssen versendet werden, Telefonate werden geführt, Vereinbarungen getroffen. Wie viele Mahnungen werden versendet? Wie lang sind die darin gesetzten Fristen? Widerspricht der Schuldner der Forderung des Gläubigers, werden Nachweise angefordert, dass die Leistung erbracht wurde, die zur Rechnungsstellung geführt hat. All das braucht Zeit. Kommt es zu einem gerichtlichen Verfahren, kann dieses sich bis zur Verjährung bis zu 30 Jahre hinziehen. Um langen Zahlungsausfällen vorzubeugen, ist es deshalb ratsam, das Inkasso-Unternehmen eher früher als später einzuschalten, wenn der Schuldner nicht reagiert oder sich als sehr renitent erweist.

Ab welcher Summe sollte ich tätig werden?

JEDER Zahlungsausfall schmerzt und hat für den Gläubiger Folgen. Diese möchte ich an meinem Beispiel darlegen:

Im September 2022 war ich mit mehreren Studioterminen und Vorbereitungsarbeiten für eine CD-Release Party beauftragt. Da die Vorbereitungen sehr zeitintensiv waren, wurde mit dem Kunden vereinbart, das Geld sofort nach der Release Party zu überweisen. Der Betrag wurde vorher abgesprochen. Da sich bei der CD-Produktion Probleme ergeben haben, wurde ich außerdem noch mit der Lösungsfindung beauftragt, was weitere Kosten für meinen Auftraggeber mit sich gebracht hat. Da der Techniker und Verleiher kurzfristig abgesagt hat und der neue Techniker selbst nicht über die notwendige Beschallungstechnik für die Release Party verfügte, musste ich zudem diese noch mit Technik ausstatten, diese aufbauen, abbauen und betreuen. Dafür wurde eine weitere Summe vereinbart.

Schon dieser Betrag war nicht unerheblich. Außerdem war noch eine Gage aus August offen.

Wie vereinbart wurde die für die Release-Party aufgerufene Gage plus das Honorar für die im September angefallenen Arbeiten und die Technik direkt am Folgetag in Rechnung gestellt und eine kurze Zahlungsfrist vereinbart. Außerdem habe ich an die noch offene Gage aus August erinnert.

Als Rückmeldung darauf wurde ich vertröstet. Zunächst auf Mitte Oktober, dann auf Ende Oktober und Schließlich auf einen unbestimmten Zeitpunkt im November. Erinnerungen daran, dass das so nicht vereinbart war, blieben unbeachtet.

Zwischenzeitlich gab es ein weiteres Konzert mit einem weiteren Honorar, das ebenfalls fällig wurde. Auch die Frist aus dieser Rechnung hat mein Kunde verstreichen lassen.

Unterm Strich belief sich die Forderung nun auf knapp 2000 Euro brutto – für einen freiberuflichen Musiker viel Geld. Um diesen Betrag nicht weiter in die Höhe schnellen zu lassen, wurden drei weitere für das Jahr vom Kunden bei mir beauftragte Veranstaltungen meinerseits abgesagt. Die Forderungen habe ich dann in der letzten Oktoberwoche an ein Inkasso-Unternehmen übergeben.

Die Zahlungsmitteilung durch das Inkasso-Unternehmen habe ich am 30.01.2023 erhalten, also mehr als drei Monate nach der Übergabe. Der Schuldner hatte mit dem Inkasso-Unternehmen eine Ratenzahlung beantragt und seine Schulden bis zu diesem Tag beglichen. Der mir geschuldete Betrag wurde dann vom Inkasso-Unternehmen auf mein Konto überwiesen und mir die Rechnung zugestellt.

In der Zwischenzeit liefen sämtliche Kosten für mich weiter: Miete, Nebenkosten, Versicherungen, Abgaben an die Künstlersozialkasse und alle Kosten, die mit dem täglichen Leben verbunden sind. In der Folge musste ich mit jedem Auftrag, den ich bis Februar 2023 abgearbeitet habe, diesen Fehlbetrag irgendwie auf meinem Konto ausgleichen.

Glücklicherweise habe ich mit dem Finanzamt vor vielen Jahren die Ist-Besteuerung für die Umsatzsteuer vereinbart, sonst wäre diese im Falle der Soll-Besteuerung schon am Tag der Rechnungsstellung fällig geworden.

In einem anderen Fall vor sehr vielen Jahren hat ein Schüler, der mehrere Wochen nicht zum Unterricht erschienen ist, dann mit einer Einsatz-Email gekündigt hat, um sich im Anschluss nicht an Kündigungsfristen zu halten, den noch offenen Unterrichtsbetrag nicht bezahlt. Dieser belief sich zum damaligen Zeitpunkt durch mehrere Monate Zahlungsausfall bereits auf 240 Euro. Zum damaligen Zeitpunkt war ich gerade erst wenige Jahre selbstständig und gerade finanziell so aufgestellt, dass sich die Selbstständigkeit “getragen” hat. Auch diese Summe habe ich durch ein Inkasso-Unternehmen eintreiben lassen.

Gerade für Berufsanfänger bedeutet jeder noch so kleine Zahlungsausfall, gegebenenfalls selbst schnell in die Zahlungsunfähigkeit zu rutschen. Der eigene Vermieter und auch das Finanzamt haben wenig Verständnis für noch offene Forderungen aufgrund zahlungsunwilliger Kunden. Möchte man seine eigenen Gläubiger nicht aus einem teuren Dispositionskredit bei der Bank bezahlen, ist das Eintreiben von Honoraren und Gagen durch ein Inkasso-Unternehmen so früh wie möglich sehr sinnvoll.

Wie finde ich ein seriöses Inkasso-Unternehmen?

Eine Google-Suche führte in meinem Fall zweimal zum Erfolg. Lies die Bewertungen auf Google oder in Foren durch und informiere dich über die Internetseite der Unternehmen, wie die Kommunikation abläuft und wie das Unternehmen arbeitet. Manche Inkasso-Unternehmen setzen für einen Einblick in die Kommunikation des Unternehmens mit dem Schuldner eine kostenpflichtige Mitgliedschaft voraus. Das lohnt sich nur für Großkunden, die regelmäßig ein Inkasso-Unternehmen beauftragen. In der kostenlosen Betreuung wird die Kommunikation zwischen Inkasso-Unternehmen und Gläubiger auf ein Minimum reduziert. Da die Inkasso-Unternehmen rechtlich wichtige Schritte mit dem Gläubiger absprechen müssen, ist das aber auch kein allzu großes Problem. In diesen Fällen meldet sich das Inkasso-Unternehmen von sich aus bei dir.

Einen sehr guten Überblick über das Inkasso und Inkasso-Unternehmen in Deutschland bekommst du auf der Internetseite des Bundesverbands Deutscher Inkasso-Unternehmen. Dort kannst du auch die Mitglieder einsehen und so nach einem für dich geeigneten Inkasso-Unternehmen suchen.

Fazit

Als freiberuflicher Musiker ist es sehr sinnvoll, sich frühzeitig mit dem Thema Inkasso zu beschäftigen, um im Falle eines Falles (der garantiert eintritt), schnell handeln zu können und einen größeren Schaden für dich selbst zu verhindern. Der Umgang mit säumigen Kunden ist immer schwierig und gerade bei Kunden, die dich regelmäßig beauftragen, ist etwas Fingerspitzengefühl gefragt. Wer sofort das Inkasso-Unternehmen bei Verstreichen der Zahlungsfrist einer Rechnung beauftragt, darf sich sicher sein, einen Kunden weniger in der Kundenkartei zu haben. Eine freundliche Erinnerung an die Rechnung sollte zum guten Ton gehören. Kommt der Kunde auch nach wiederholter Erinnerung und Aufforderung zur Zahlung dieser nicht nach, ist es an der Zeit, die Forderung an ein Inkasso-Unternehmen zu übergeben, möchte man sich nicht selber weiter damit belasten. Jede Verzögerung bis zur Übergabe reißt je nach Forderungshöhe ein großes Loch in die eigene Kasse, da der Inkasso-Vorgang selbst mindestens vier Wochen in Anspruch nimmt. In dieser Zeit laufen die eigenen Kosten aber unweigerlich weiter und als Musiker hat man selten ein dickes finanzielles Polster. 

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