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Wissen: Dur- und Moll-Tonleitern

Tonleitern sind nicht nur für das Komponieren und Improvisieren wichtig. Sie bilden auch das Fundament unserer abendländischen Harmonielehre. Um Akkorde richtig zu verstehen, ist das Kennen der vier wichtigsten Tonleitern, der Dur- der drei Moll-Tonleitern essentiell. Hier erfährst du, worum es dabei geht. Der Artikel ist für Gitarristen zusätzlich mit einer Tabulatur versehen, um Einsteigern das Nachvollziehen zu erleichtern.

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Etwas Musiktheorie muss sein. Tonleitern bilden den Unterbau unserer kompletten abendländischen Harmonielehre

Die zwei wichtigsten Tonleitern

Die zwei wichtigsten Tonleitern sind miteinander verwandt und sind die Grundlage allen musikalischen Seins. Sie beruhen auf der Stammtonreihe, also den Tönen c, d, e, f, g, a, h (b) beziehungsweise a, h (b), c, d, e, f, g. Aus diesen Tönen ergeben sich die folgenden zwei Tonleitern:

C-Dur Tonleiter

Die C-Dur Tonleiter enthält alle Stammtöne und reiht diese beginnend mit dem Ton c aneinander. Das sieht dann folgendermaßen aus:

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Die Stammtonreihe von c' bis c'' notiert im Violinschlüssel

Gitarristen haben zwei Möglichkeiten, die Tonleiter zu spielen: mit Leersaiten und ohne Leersaiten. Ich empfehle zum Nachvollziehen der Musiktheorie das Beispiel ohne Leersaiten, weil hier die Tonschritte besser sichtbar sind. Ich habe für dich außerdem den Aufbau der Tonleiter in Ganztonschritten (G) und Halbtonschritten (H) notiert.

Tasteninstrumentalisten: ein Halbtonschritt ist der Schritt von einer Taste zur direkt nächsthöheren oder nächsttieferen. Das kann eine weiße, aber auch eine schwarze Taste sein. Ein Ganztonschritt besteht aus zwei Halbtonschritten und gemeint ist damit der Schritt zur übernächsten Taste.

Gitarristen: Ein Halbtonschritt ist auf der Gitarre der Schritt zum nächsten Bund. Ein Ganztonschritt ist der Schritt zum übernächsten Bund. Berücksichtige beim Saitenwechsel die Gitarrenstimmung!

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C-Dur
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C-Dur ohne Leersaiten gespielt

Natürliche a-Moll Tonleiter (aeolisch)

Die natürliche a-Moll Tonleiter (man nennt sie bei den modalen Skalen, also den sogenannten Kirchentonleitern, auch aeolisch) besteht aus den gleichen Stammtönen wie die C-Dur Tonleiter, reiht sie aber ab dem Ton a auf.

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a-Moll natürlich (aeolisch)

Vergleiche die Abfolge der Ganz- und Halbtonschritte mit denen der C-Dur Tonleiter. Obwohl es die gleichen Stammtöne sind, die nur ab einem unterschiedlichen Startton gespielt werden (c/a), haben beide Tonleitern eine sehr verschiedene klangliche Wirkung. Diese ergibt sich aus der unterschiedlichen Abfolge der Ganz- und Halbtonschritte. Insbesondere ein Tonschritt ist von Bedeutung, wenn es um die zwei weiteren Moll-Tonleitern geht. Diesen habe ich mit einem roten Kasten für dich markiert.

Der natürlichen Moll Tonleiter fehlt nämlich der wichtige Leitton vom siebten zum achten Ton. In Dur finden wir hier einen Halbtonschritt. Dieser Leitton führt zu einer besonderen Spannung innerhalb eines Musikstücks und beeinflusst auch die Akkordbildung. Fehlt er, bekommt die Musik diesen sakralen Charakter, den wir aus vielen Kirchenliedern kennen. Der Halbtonschritt vom zweiten zum dritten Ton hingegen führt zu der weichen Charakteristik, die dem Tongeschlecht seinen Namen verleiht: Moll von lat. mollus = weich.

Durch eine kleine Änderung wurde der fehlende Leitton wieder hinzugefügt:

Harmonische a-Moll Tonleiter

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a-Moll harmonisch

Vergleiche die harmonische a-Moll Tonleiter mit der natürlichen (aeolischen) a-Moll Tonleiter. Du siehst, dass durch die Erhöhung des siebten Tons (g > gis) der wichtige Leitton von der siebten zur achten Stufe der Tonleiter entsteht. Es entsteht allerdings noch etwas, nämlich eine übermäßige Sekunde (das ist ein musikalisches Intervall) von der sechsten zur siebten Stufe (f > gis). Dieses Intervall besteht nun aus drei Halbtonschritten. Hör dir die harmonische a-Moll Tonleiter mehrfach an. Sie klingt etwas orientalisch.

Die Erhöhung der siebten Stufe führt zu einer folgenschweren Veränderung der Harmonik und der Melodik. Auf der harmonischen Ebene wird nun nämlich aus dem Akkord über der fünften Stufe der Tonleiter nun ein Dur-Akkord (e-gis-h). Da in der natürlichen a-Moll Tonleiter der siebte Ton ein g ist, ergibt sich dort ein Moll-Akkord (e-g-h). Der Akkord über der fünften Stufe der Tonleiter wird als Dominante bezeichnet und hat in der abendländischen Musik eine besondere Funktion: Da er den Leitton enthält, besitzt er eine hohe Spannung und möchte aufgelöst werden, idealerweise zur Tonika, also dem Akkord über dem ersten Ton der Tonleiter. Der natürlichen Moll Tonleiter fehlt durch den fehlenden Leitton diese Spannung. Mit der harmonischen Moll-Tonleiter wird sie wiederhergestellt.

Wenn da nur nicht dieser übermäßige, orientalisch klingende und schwer zu singende Teil wäre, der sich durch das übermäßige Intervall ergibt. Doch dafür wurde auch eine Lösung gefunden:

Melodische a-Moll Tonleiter

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a-Moll melodisch

Was nicht passt, wird passend gemacht. So wurde der Schritt vom sechsten zum siebten Ton entschärft, indem man kurzerhand den sechsten Ton auch noch erhöht hat. In unserem Beispiel der a-Moll Tonleiter wurde aus dem f ein fis. Zuvor war dort ein Halbtonschritt zu finden. Dieser hat sich nun in einen Ganzton verwandelt. Die übermäßige Sekunde ist Geschichte und schon klingt es wieder angenehm. Allerdings: Der zweite Teil der Tonleiter klingt nun sehr wie eine andere Tonleiter, nämlich der Dur-Tonleiter. Das hat damit zu tun, dass der Aufbau der zweiten Hälfte identisch ist (G, G, H). Um den molltonalen Charakter nicht zu verlieren, wird die melodische Moll-Tonleiter deshalb in der Regel beim Abwärtsführen zu einer natürlichen Moll-Tonleiter verändert.

Konsequenzen haben diese Änderungen wieder für die Harmonik, denn da die Akkorde aus den leitereigenen Tönen gebildet werden, wird aus dem Akkord über der vierten Stufe der melodischen a-Moll Tonleiter ein D-Dur Akkord (d, fis, a) und dem Akkord über der fünften Stufe ein E-Dur Akkord (e, gis, h). Aus dem eigentlich verminderten Akkord der zweiten Stufe wird ein Moll-Akkord (h-Moll, h, d, fis) und dem Dur-Akkord der dritten Stufe wird ein übermäßiger Akkord (c, e, gis). Der Akkord der sechsten Stufe ist vermindert (fis, a, c) und so weiter. Zu den Akkorden gibt es eigene Fachartikel. Wichtig ist nur, dass jede Änderung der Tonleiter immer auch Änderungen in der Harmonik mit sich bringt. Übrigens: da man bei der melodischen Moll-Tonleiter beim Abwärtsspielen alle Veränderungen wieder rückgängig macht, ändern sich natürlich auch die Akkorde wieder. Die klanglichen Möglichkeiten sind also viel größer als bei der Dur-Tonleiter oder der natürlichen Moll-Tonleiter.

Die Verwandtschaft

Nun hast du viel zu den Dur- und den drei Moll-Tonleitern gelernt. Ich möchte noch einmal zurück zu C-Dur und a-Moll (natürlich) kommen. Da beide Tonleitern sich das identische Tonmaterial teilen, sind sie miteinander verwandt. Man nennt deshalb die natürliche Moll-Tonleiter auch parallele Moll-Tonleiter und die Dur-Tonleiter auch parallele Dur-Tonleiter. Je nachdem, aus welchem Blickwinkel man schaut. Bei den Akkorden gibt es diese Verwandtschaft übrigens auch. Zu jedem Dur-Akkord gehört ein paralleler Moll-Akkord, der zwei gemeinsame Töne mit dem Dur-Akkord besitzt.

Für Profis: die Grundtöne der Parallelen liegen immer eine kleine Terz voneinander entfernt (a > c = kleine Terz, d > f = kleine Terz, e > g = kleine Terz). Der a-Moll Akkord ist also die Moll-Parallele zu C-Dur, d-Moll zu F-Dur und e-Moll zu G-Dur. 

Fazit

Mit nur vier Tonleitern (einmal Dur, dreimal Moll) lässt sich musikalisch und harmonisch schon sehr viel anstellen. Die meisten berühmten Kompositionen beruhen auf diesen vier Tonleitern und auch die Harmonik, die wir tagtäglich nutzen und hören. Lerne diese Tonleitern und nutze sie auch beim Improvisieren. Mach dich mit ihrer Klanglichkeit vertraut und schaue dir die zugehörigen Artikel zur Harmonielehre an.

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