Wissen: Alles über Funkstrecken
Funkstrecken wie Gitarrensender, Funkmikrofone und auch kabelloses In Ear Monitoring (IEM) gehören seit langem zum Beschallungsalltag. Viele Musiker liebäugeln mit der Anschaffung solcher Funksysteme. Doch ohne etwas Hintergrundwissen führt das schnell zu teuren Fehlkäufen. In diesem Artikel erfährst du alles, was du zum Thema Funkstrecken wissen musst.
Was heißt überhaupt "Funkstrecke"?
Kabellose Übertragungswege werden auch als Funkstrecke bezeichnet. Dazu gehören kabellose System für Bereiche wie Bühnen, Fernsehen, Film und Konferenzen, wie zum Beispiel Funkmikrofone, In-Ear-Monitoring-Systeme, Gitarrensender Intercom-Systeme für die Kommunikation von Technikern untereinander.
Damit es nicht zu Störungen oder Aussetzern kommt, muss die Funktechnik koordiniert werden. Gemeint ist damit zum Beispiel die Zuteilung von Kanälen zu einzelnen Geräten.
Übergeordnete Koordination: die Bundesnetzagentur
Die Bundesnetzagentur übernimmt unter anderem die übergeordnete Frequenzkoordination auf Basis ganzer Frequenzbänder für einen bestimmten Nutzerkreis und eine bestimmte Anwendung.
Eine solche Zuteilung durch die Bundesnetzagentur ist in der Regel befristet. Auch das Widerrufen von Zuteilungen ist möglich und wurde in der Vergangenheit auch schon vorgenommen (Stichwort “Digitale Dividende”). Diese Maßnahmen sollen dafür sorgen, dass in Deutschland kein Frequenzchaos entsteht. Manche Nutzergruppen haben auch Vorrang vor anderen, wie zum Beispiel der Flugzeugfunk, Polizei- und Feuerwehrfunk, Militärfunk und so weiter. In den letzten Jahren hat außerdem der Mobilfunk einen hohen Stellenwert bei der Vergabe von Funkfrequenzen erhalten und dem Staat durch die Versteigerung von Funkfrequenzen für LTE hohe Einnahmen beschert.
Die Allgemeinzuteilungen der Bundesnetzagentur werden veröffentlicht. Sie sind auf der Internetseite der Bundesnetzagentur einsehbar. Die Allgemeinzuteilung enthält immer den Nutzerkreis, das zugeteilte Frequenzband, die maximale Sendeleistung, das Ablaufdatum der Allgemeinzuteilung sowie weitere Bestimmungen.
Am Veranstaltungsort: Frequenzkoordination
Für die Frequenzkoordination am Ort der Veranstaltung ist der betreffende Nutzerkreis in der Regel selbst zuständig. Zum Beispiel beim Veranstalten einer Kirmes: Möchten die Schausteller Funkmikrofone verwenden, müssen sie selbst organisieren, wie der zugeteilte Frequenzbereich unter den Nutzern aufgeteilt wird. Bei sehr großen Veranstaltungen wie Konzerten oder Sportveranstaltungen, Kongressen und so weiter übernimmt ein Frequenzkoordinator diese Zuteilung. Er wird in der Regel vom Veranstalter mit dieser Aufgabe beauftragt. Der Frequenzkoordinator ermittelt für die Anwender Frequenzen, die möglichst frei von Störungen miteinander agieren.
Manchmal teilt die Bundesnetzagentur auch festen Spielstätten wie Theatern Frequenzen zu, die nur dort genutzt werden dürfen. Das gilt auch für Fernsehstudios, wo ebenfalls Funktechnik eingesetzt wird. Bei mobilen Produktionen ist vom Veranstalter selbst zu klären, welche Frequenzen vor Ort frei sind. Diese können sich von Ort zu Ort deutlich unterscheiden.
Was ist ein Frequenzband?
Jede Funkstrecke arbeitet in einem bestimmten Frequenzband, welches von den jeweiligen nationalen Regulierungsbehörden (in Deutschland ist das die erwähnte Bundesnetzagentur) zugewiesen wird. In Deutschland sind bestimmte Frequenzbänder für die Anwendung mit Funkmikrofonen und ähnlichen Geräten reserviert. Aktuell (Stand April 2023) stehen dafür folgende Frequenzbänder zur Auswahl:
Frequenzband | maximale Strahlungsleistung (ERP) | Befristung | Anwenderkreis |
32,475-34,325 MHz 34,530-34,950 MHz 36,610-38,125 MHz | 10 mW | 31.12.2032 | Allgemeinheit |
174 bis 230 MHz | 50 mW | 31.12.2025 | Allgemeinheit |
470 bis 608 MHz 614 bis 698 MHz | 50 mW | 31.12.2030 | professionelle Anwender |
736 bis 753 MHz | 50 mW | 31.12.2032 | professionelle Anwender |
823 bis 826 MHz 826 bis 832 MHz | 82 mW (Handsender, 823-826 MHz), 100 mW (Handsender 826-832 MHz und Bodypacks) | 31.12.2025 | Programmgestalter, Privatanwender für öffentliche gesellschaftliche oder kulturelle Veranstaltungen |
863 bis 865 MHz | 10 mW | 31.12.2028 | Allgemeinheit |
1350 bis 1400 MHz | 50 mW | 31.12.2032 | Allgemeinheit, Nutzung nur innerhalb geschlossener Gebäude |
1785 bis 1805 MHz | 82 mW | 31.12.2025 | Programmgestalter, Privatanwender für öffentliche gesellschaftliche oder kulturelle Veranstaltungen |
1880 bis 1900 MHz (DECT) | bis 250 mW | 31.12.2025 | Allgemeinheit, aufgrund hoher Latenzen eher für nicht-musikalische Anwendungen geeignet |
2400,0 bis 2483,5 GHz (2.4 GHz WLAN) |
| 31.12.2023 | Allgemeinheit, für digitale Funksysteme |
5150 bis 5350 GHz 5470 bis 5725 GHz (5 GHz WLAN) |
| 31.12.2028 | Allgemeinheit, für digitale Funksysteme |
Was ist ein Kanal?
Jedes Frequenzband ist in kleinere Bereiche unterteilt, die jeweils für eine einzelne Funkverbindung genutzt werden. Man nennt diese Bereiche Kanal. Hier liegt die Trägerfrequenz, mit dem das Funksystem sendet und empfängt. Wie viele Kanäle innerhalb eines Frequenzbandes zur Verfügung stehen, ist durch die Breite des Frequenzbandes begrenzt und die Breite des einzelnen Kanals. Welche Bandbreite maximal zulässig ist, ist teilweise in den Allgemeinverfügungen von der Bundesnetzagentur definiert worden und Hersteller müssen sich daran halten. Die meisten günstigen Funksysteme arbeiten mit festen Kanalzuordnungen, während bei teuren Systemen die Frequenzen frei einem Kanal zugeordnet werden können.
Besser zusammen: Kanalgruppen
Alle Kanäle sind in Gruppen organisiert. Jede Kanalgruppe enthält Kanäle, die gut zusammenarbeiten, um Interferenzen und Überschneidungen durch Intermodulationsprodukte zu minimieren. In der Bedienungsanleitung deines Produkts findest du Informationen zu diesen Kanalgruppen und den in der Gruppe enthaltenen Kanälen. Diese sind dann allerdings nur innerhalb einer Gerätebaureihe zueinander kompatibel. Kombinieren lassen sich Kanalgruppen verschiedener Hersteller oder manchmal sogar verschiedener Systeme eines Herstellers nicht so einfach. Möchte man mit mehreren Geräten unterschiedlicher Hersteller zusammenarbeiten, ist man darauf angewiesen, dass die Frequenzen innerhalb des Frequenzbandes frei gewählt werden können. So kann man die Geräte anhand der Kanalgruppe eines Herstellers aufeinander abgleichen. Eine andere Möglichkeit ist es, spezielle Software für die Ermittlung kompatibler Frequenzen zu nutzen und dann alle Geräte auf die ermittelten Frequenzen einzustellen.
Problematisch: Interferenzen und Intermodulation
Interferenzen beeinträchtigen die Signalqualität stark. Sie werden durch verschiedene Faktoren begünstigt: andere Funkgeräte auf denselben oder benachbarten Kanälen, Reflexionen und Absorptionen von Funkwellen und mehr. Um das zu vermeiden, sollten möglichst freie Kanäle verwendet und Empfänger und Sender gut zueinander ausgerichtet werden. Gerichtete Antennen und Diversity-Systeme helfen, Interferenzen zu reduzieren und sorgen für eine verbesserte Signalqualität.
Intermodulationen entstehen dann, wenn mehrere Funksysteme eingesetzt werden. Zusätzlich zur eingestellten Trägerfrequenz produziert jedes Funksystem sogenannte Intermodulationsprodukte. Das sind Frequenzen im Nachbarbereich der Trägerfrequenz. Arbeitet dort ein weiteres Funksystem, führt das zu Problemen.
Wichtig: True Diversity!
Wir unterscheiden bei Funkstrecken zwischen Non-Diversity und True Diversity Systemen. Non-Diversity Systeme arbeiten nur mit einem Empfänger und einer Antenne. Schon geringe Veränderungen des Abstands und Winkels des Senders zum Empfänger führen zu einer deutlichen Verschlechterung oder Verbesserung des Signals. True Diversity-Systemen nutzen zwei Empfänger mit je einer eigenen Antenne und vergleichen deren Signalqualität beständig miteinander. Es wird automatisch immer der Empfänger genutzt, der die beste Empfangsqualität liefert. Bei Non-Diversity Systemen kommt es gerne zu den gefürchteten Dropouts, also einem Komplettabriss des Signals. Störungen wie Rauschen und Verzerrungen sind hier ebenfalls an der Tagesordnung. Leider sind viele In Ear Systeme noch als Non-Diversity Funkstrecke ausgelegt.
Mehrere Funkstrecken gemeinsam einsetzen
Möchtest du mehrere Funkstrecken gemeinsam einsetzen, müssen die Frequenzen gut miteinander abgeglichen werden. Wie erwähnt nutzt man dazu am besten Kanäle aus einer gemeinsamen Kanalgruppe, die der Hersteller als intermodulationsfrei ermittelt hat. Es gibt von den Herstellern aber auch spezielle Software, um Frequenzen zu ermitteln, die intermodulationsfrei miteinander arbeiten. Dazu wird außerdem der Frequenzbereich gescannt und nach möglichen Störungen gesucht. Findet man auf verschiedenen Kanälen Störungen, sollten diese gemieden werden. Etwas bessere Funksysteme suchen selbstständig nach einem freien Kanal. Hast du ein Gerät mit so einer Scan-Funktion, solltest du diese immer vor Beginn der Veranstaltung laufen lassen und dein Gerät auf die Frequenz mit der besten Signalqualität einstellen. Führe das bei allen Geräten durch und achte darauf, dass sich die Geräte nicht gegenseitig beeinflussen. In der Bedienungsanleitung findest du oft vom Hersteller beschrieben, wie du am besten bei deinen Produkten vorgehst.
Beim Einbau mehrerer Empfänger in ein gemeinsames Rack nutzt man am besten einen Antennensplitters. Dieser teilt das Empfangssignal zweier Antennen auf die entsprechende Anzahl an (Diversity-)Empfängern auf. Durch das Nutzen von Richtantennen anstelle der den Empfängern beiliegenden Rundstrahlantennen werden die Nutzsignale aus einer bestimmten Richtung verstärkt. Störsignale aus anderen Richtungen werden unterdrückt. So lässt sich die Signalqualität deutlich verbessern. Die Antennen werden seitlich der Bühne aufgestellt und längs der Bühne ausgerichtet.
Abschließender Tipp
Wer beim Kauf von Funkstrecken spart, zahlt später drauf. Günstige Systeme funktionieren oft im ersten Moment gut. Spielt man dann aber mal bei einem Festival oder kauft ein weiterer Musiker der Band ein eigenes Funksystem, kommt es schnell zu ersten Problemen. Mangelnde Konfigurationsmöglichkeiten, gerade hinsichtlich der Funkfrequenzen und Kanäle, fest verbaute Antennen und eine schlechte Signalqualität verleiden dann schnell den Einsatz dieser Produkte. Führende Hersteller wie Sennheiser oder Shure bieten schon für Preise zwischen 400 und 500 Euro gute Funktechnik an. Hier sollte nicht gespart werden. Schau vorher mal in die Bedienungsanleitung (steht meistens auf der Herstellerseite zum Download bereit) und lies nach, wie sich das Gerät konfigurieren lässt. Wie viele Geräte können maximal gleichzeitig betrieben werden? All das sind wichtige Informationen, die du nicht links liegen lassen solltest.